Mit Kanada gewann ein Favorit den WM Titel. Doch es gab mit Lettland und Deutschland auch Überraschungen. Eine Nachlese zum Turnier welches es so wohl nicht mehr geben wird.
Während in Nordamerika das Finale des Stanley-Cup bald startet, die Sonne langsam intensiver zu scheinen beginnt, spielten in Riga und Tampere 16 Nationen um den Weltmeistertitel. Dabei gab es Enttäuschungen, Dramen und Überraschungen.
Am letzten Spieltag setzte es die wohl größte Überraschung des Turniers ab. In der Verlängerung bezwang Lettland mit Arturs Silvos im Tor die USA.
Lettland sicherte sich damit die erste Medaille in ihrer noch jungen Verbandsgeschichte. Dabei mussten die Letten um in das Viertelfinale zu kommen zuerst die Schweiz bezwingen. Ansonsten wäre die Slowakei auf die Schweden getroffen. Böse Zungen könnten nun behaupten, dass die Schweiz den Letten geholfen haben. Sie liessen neben Nico Hischier, Nino Niederreiter, Denis Malgin und Dean Kukan auch Torhüter Robert Mayer zuschauen. Während die beiden ersten angeschlagen waren hatten die drei letzten einen Tag mehr Ruhe. Dies nutzten die Letten gekonnt aus und bezwangen die Schweizer nach Verlängerung mit 4:3. Dass die Riga Arena zum Tollhaus wurde, kann man verstehen. Mit diesem Sieg gelang den Letten der Sturm in das kleine Finale gegen die USA und der Sieg der Bronze Medaille.
Und die Schweizer, welche wiederum die Vorrunde dominierte? Sie schieden gegen Deutschland mit 1:3 im Viertelfinale aus. Blamabel? Ja und nein. Deutschland hatte nichts zu verlieren und alles zu gewinnen, die Eidgenossen konnten alles verlieren und nichts gewinnen. Gerade dies war dann das entscheidende in einem spannenden und intensiven Spiel. Dies sorge in den Schweizer Meiden für großen Unmut. Die meisten Medien fordern von Sportdirektor Lars Weibel dass er Patrick Fischer an die frische Luft setzt oder selbst zurücktritt. Der Vorwurf – große Versprechen und fehlendes Ergebnis. Blickt der neutrale Beobachter indes zehn Jahre zurück, so wäre dies blanker Unfug. Weder lag es an Patrick Fischer noch an Lars Weibel dass die Nationalmannschaft der Schweiz den Sprung an das Finale Wochenende nicht schafften. Die kommende Analyse wird zeigen, wo die Schweiz ihre Probleme hatte. Doch die Schweiz war nicht die einzige Nation, welche sich berechtigte Hoffnungen auf den Titel ausrechnete. Da wäre auch Finnland, Schweden oder die Tschechen.
Das ausgerechnet Finnland am Heimturnier scheiterte war nicht vorherzusehen. Es war aber eine Folge von Lustlosen Auftritten, schlechtem Spielglück und teilweise auch arrogantem auftreten. Es sind diese kleinen Dinge, die den Unterschied zu den vier Teams am Finaltag ausmachten. Wie Finnland hat Schweden, die nächste Große Nation, ein schlechtes Turnier gespielt. Auch sie scheiterten an der Einstellung. Vielleicht nahm man das kleine Lettland nicht ernst genug und spielte deswegen mit angezogener Handbremse? Schwer zu sagen. Doch ohne überragende Spieler kann auch Schweden nicht dominieren.
Dies kann auch von den Tschechen geschrieben werden. Obwohl sie mit Dominik Kubalek einen Allstar Spieler im Kader hatten, verpassten sie die Qualifikation für das Halbfinale ebenfalls. Dabei hatte Kari Jalonen, der neue Headcoach der Tschechen, Finnland zu Weltmeisterehren gebracht. Auch hier war bei den Löwen sichtbar, dass Talent allein keine Stricke reissen können. Auch hinter den Erwartungen blieben die Slowaken. Sie scheiterten jedoch nicht an fehlendem Willen oder Einsatz. Sie hatten das entsprechende Glück nicht auf ihrer Seite. Das Lettland ausgerechnet gegen die Schweiz den einen nötigen punkt holen würden um in das Viertelfinale vorzustoßen hätte wohl niemand erwartet.
Und die restlichen Nationen? Dänemark und Norwegen schlossen das Turnier in etwa dort ab, wo sie erfahrungsgemäß eingereiht werden können. Überraschen vermochte Kasachstan. Mit ihrer frechen, aufsässigen und direkten Spielweise brachten sie viele Teams an den Rand einer Niederlage. Hier wird sich zeigen, wie stabil die Kasachen wirklich sind. Nach dem sie die Weltmeisterschaften für das Jahr 2027 nicht erhalten konnten, könnte die Euphorie bald wieder verfolgen sein. Frankreich und Österreich werden in der Zukunft sich an die Top 12 Nationen herantasten können. Dass diese beiden Nationen in der Top Division verbleiben, ist für das Internationale Eishockey wichtig. Überfordert waren indes auf diesem Niveau Slowenien und Ungarn. Diese beiden Nationen werden durch Polen und Großbritannien ersetz. Um vielleicht in zwei Jahren wieder in der Top Division zu Spielen.
Und was ist mir den Nordamerikanischen Teams? Kanada, das Mutterland des Eishockeys, holt zum 28. Mal den Titel. Ohne jedoch restlos zu überzeugen. Dass mit Verteidiger MacKenzie Weager nur ein Spieler den Sprung in das Allstar Team schaffte, zeigt, dass nicht die Einzelkönner an diesem Turnier die Entscheidung brachten. Es waren mehrheitlich Teamspieler, wie dies der Amerikaner Rocco Grimaldi war. Er könnte in Europa eine große Karriere machen. Denn mit seinen 168cm ist er definitiv kein Spieler, der sich in der NHL durchsetztem könnte.
Apropos NHL – Mit Moritz Seider und JJ Peterka konnten sich zwei aktuelle NHL-Spieler aus Deutschland in das Allstar Team spielen. Beide zeigten eine ausgezeichnete Leistung und Verdienten diese Berufung. Ähnlich wie Arturs Silvos. Eigentlich war er die Nummer zwei hinter Ivars Punnenovs. Doch ausgerechnet im Startspiel patzte Punnenovs zweimal innerhalb fünf Minuten. Silovs war bereit – und schaute nie mehr zurück. Dies brachte ihm, verdientermaßen, den Titel des MVP ein.
Das Turnier in Riga und Tampere zeigte indes auch auf, dass die Eishockeywelt, mit dem Ausschluss von Russland und Belarus, näher zusammengerückt ist. Dies wiederum macht die jährliche Weltmeisterschaft unberechenbarer. Klare Favoriten gibt es nicht mehr. Kleine Nationen, wie dies Lettland und Deutschland sind, gelingt eher ein Coup als den großen vier Nationen Kanada, USA, Schweden und Finnland. Dahinter reihen sich die Schweiz, Tschechien und die Slowakei. Wenn gleich mehrere davon in den Viertelfinale patzen, dann schlägt, wie dieses Jahr, die Stunde der kleinen Nationen. Was könnte im Sport spannender sein als diese Ungewissheit?