Runde 4 im Prozess Chris Harand vs. EBEL

“Viertes Drittel” im Prozess Chris Harand (vertreten durch Rechtsanwalt Reisinger) vs. Erste Bank Eishockey Liga (EBEL – vertreten durch Rechtsanwalt Gruber). Neben der Einvernahme von Dornbirn-Trainer Dave MacQueen standen drei Eishockey-Spieler im Zeugenstand.
Der Prozess begann mit den obligatorischen Versuch der vorsitzenden Richterin die Parteien zu einem Vergleich zu bewegen. Ähnlich wie in den vorangegangenen Verhandlungsrunden war dieses Bemühen jedoch nicht von Erfolg gekrönt.
Danach wurden vom Anwalt von Chris Harand neue Zeugen beantragt. Herbert Oberscheider (Präsident EHC Lustenau), Sigi Haberl jun. (Vorstandsmitglied EHC Lustenau) und Christian Perthaler (Manager Black Wings Linz) werden in der nächsten Verhandlungsrunde von der vorsitzenden Richterin einvernommen.
Als ersten Zeugen waren Jochen Pildner-Steinburg und Martin Krainz (beide Graz 99ers) eingeplant. Beide konnten jedoch aus unterschiedlichen Gründen ihrer Zeugenpflicht nicht nachkommen. Danach wurden die weiteren Zeugen einvernommen.

Überraschungszeuge Matthias Schwab: Punkteregel ist kontraproduktiv für Spieler
Neben der überraschenden Präsentation von drei Zeugen wurde von Seiten des Klägers, Matthias Schwab als weiterer “Überraschungszeuge” in den Zeugenstand berufen. Der 27-jährige beendete nach der Saison 2010/11 seine aktive Karriere. Im Zeugenstand sprach der ehemalige Stürmer über seine Erfahrungen mit der wenig geliebten Punkteregel.
„Ich habe in meiner aktiven Karriere einige negative Erlebnisse gehabt. Um alle aufzählen zu können, fehlt uns mit Sicherheit die Zeit. Generell kann man aber sagen, dass die Punkteregel von den Vereinen als Druckmittel gegen die Spieler eingesetzt wird. Spielt man eine gute Saison wird der Punktewert höher. Bei den Vertragsverhandlungen hört man dann, dass man mit den Gagenforderungen hinunter gehen muss, sonst bekommt man keinen Vertrag. Die Spieler werden somit doppelt bestraft“, erklärt Matthias Schwab im Zeugenstand.
In der Folge standen seine Wahrnehmungen zu Christoph Harand im Mittelpunkt seiner Zeugenbefragung. „Ich habe ein Vorbereitungsspiel des Klägers im Jahr 2012 gesehen. Die Verletzung war für Christoph Harand definitiv kein Hindernis mehr. Wie ich ihn erlebt habe, war er fit“, sagte Matthias Schwab. Über das Ende des Gastspiels des Klägers beim Dornbirner EC konnte der ehemalige Stürmer von Red Bull Salzburg und der Black Wings Linz keine eigenen Wahrnehmungen vorbringen. Eine Vermutung hat der ehemalige Spieler jedoch. „Unter den Eishockeyspielern wird viel gesprochen. Da hat es geheißen, dass der Chris Harand das nächste Punkteopfer ist“, meinte Schwab.

Max Wilfan: Leistung des Klägers in Ordnung – Wie viele Punkte hat Dornbirn wann?
Wie bereits in den drei Verhandlungsrunden davor waren die Punkte des Dornbirner EC ein Kernthema. Ex-DEC-Spieler Max Wilfan hatte im Zeugenstand eine neue Version.
„Wir hatten 14 Ausländer unter Vertrag. Von den Österreichern haben wir gewusst, dass sie neun Punkte haben. Es ist richtig, dass Spieler zwar an- und abgemeldet wurden, aber nie zum gleichen Zeitpunkt. Meiner Meinung nach hatten wir nicht 61, sondern am Ende sogar 63 Punkte“, sagte Wilfan im Zeugenstand. Ein Umstand der umgehend durch den Rechtsanwalt der Erste Bank Eishockey Liga angezweifelt und bestritten wurde. In der weiteren Befragung des 23-jährigen waren die An- und Abmeldungen des Dornbirner EC und die Leistungen von Chris Harand während seines Gastspiels in Vorarlberg ein Thema. „Sportlich hat es keine Gründe gegeben warum Dornbirn den Chris nicht hätte halten sollen“, erklärt Wilfan im Zeugenstand.

SAPA Fehervar Managerin Blanka Elekes Szentágotai: Habe keine direkte Anfrage von Chris Harand erhalten
Als nächstes stand die Einvernahme von SAPA Fehervar-Managerin Blanka Elekes Szentágotai auf dem Programm. Hauptthema dabei war der von Chris Harand behauptete Versuch über den Spieler Frank Banham einen Vertrag bei den Ungarn zu erhalten.
„Vor dem Start der Saison bekommen wir Anfragen von Spielern, die für uns spielen wollen. Das sind weit mehr als 1000 Mails von Spielervermittlern die bei uns eingehen. Ob in einem der Name Chris Harand drinnen stand, ist möglich. Bei uns ist der Weg so, dass zuerst unser Trainer entscheidet, wer für uns interessant ist oder nicht. Erst danach beginnt das Management am Kader zu arbeiten. Eine direkte Anfrage, dass Chris Harand für uns spielen will, ist nie zu mir gekommen“, erklärt Blanka Elekes Szentágotai.

Philipp Winzig: Dornbirn hatte nach dem Tryout schwächere Spieler als Chris Harand unter Vertrag
Als nächster Zeuge wurde Philipp Winzig aufgerufen. Direkte Angaben zur Tryout-Phase von Chris Harand beim Dornbirner EC konnte der 31-jährige keine machen. Mit einigen Aussagen sorgte er jedoch für Aufsehen.
„Chris Harand kam nach mir zum Dornbirner EC. Ich hatte dort nur ein Tryout von zwei Tagen. Am Ende hatte ich ein Gespräch mit Manager Kutzer und Trainer MacQueen. Dort wurde mir gesagt, dass ich ein guter Spieler bin, aber laut Herrn Kutzer war die Punktesituation dafür verantwortlich, dass ich keinen weiteren Vertrag erhalten habe. Bei Chris Harand wird es wohl genauso gewesen sein. Es gibt in Wahrheit keinen sportlich ersichtlichen Grund warum Dornbirn Chris Harand nicht unter Vertrag hätte nehmen sollen“, sagte Philipp Winzig.
Mit den weiteren Aussagen zum Thema „finanzielle Forderungen“ sorgte der 31-jährige für Aufsehen. Auf die Frage der Richterin, ob Chris Harand zu hohe Forderungen gehabt hätte antwortete Philipp Winzig. „Ich kenne zwar nicht die Zahlen genau, aber ich weiß in etwa, was ein Spieler in Dornbirner mit 0 Punkten verdient. Der Betrag liegt unter dem Existenzminimum. Im Vergleich zu diesen Spielen, würde Chris Harand mit Sicherheit deutlich mehr kosten. Es ist aber in Wahrheit das einzige Argument. Denn sportlich ist er ein gestandener, guter Spieler. Nach der Tryout-Phase hatte Dornbirn schwächere Spieler als Chris Harand unter Vertrag“, sagte Philipp Winzig im Zeugenstand.

Dornbirn Trainer Dave MacQueen: Wir haben einen anderen Spielertyp als Chris Harand gesucht
Als letzter Zeuge der vierten Verhandlungsrunde stand der Head Coach des Dornbirner EC via Videoschaltung im Zeugenstand. Dave MacQueen wurde dabei hauptsächlich über die Beweggründe befragt, warum Chris Harand nach der Tryout-Phase keinen weiteren Vertrag erhielt.
„Ich kannte den Kläger nicht vor seiner Zeit bei uns. Ganz ehrlich: Ich habe ihm nie davor persönlich spielen gesehen. Die Entscheidung warum wir ihn nicht weiter unter Vertrag genommen hatte rein sportliche Gründe. Wir haben einen anderen Spielertyp gesucht. Chris Harand hat seine Stärken in anderen Bereichen. Wir haben damals einen Verteidiger benötigt der körperlich präsent agiert. Das war und ist Chris Harand nicht“, erklärt MacQueen.
„Nach seinem Abgang haben wir Martin Tuma verpflichtet. Den genauen Zeitrahmen weiß ich jetzt nicht mehr, aber er war mit seiner Körpergröße (194 cm) und seinen knapp 100 Kilogramm der richtige Spieler für uns. Zu diesem Zeitpunkt der Saison ist dir klar, dass der Spielermarkt überschaubar ist. Es gibt mit Sicherheit bessere Spieler als Martin Tuma. Zur damaligen Zeit hat er aber perfekt in unser Anforderungsprofil gepasst.

In der Folge wurden die Gründe für den Abgang von Chris Harand thematisiert. „Jeder Eishockey-Spieler will spielen. Mir ist wichtig zu sehen, wie sich ein Spieler verhält wenn es nicht so läuft und wie er sich auf der Ersatzbank verhält. Da hatte ich nicht das Gefühl, dass Chris Harand sich als Teil der Mannschaft sieht. Er ist in der Regel alleine gesessen und hat mit niemanden gesprochen. Ich hatte in wichtigen Phasen nicht das Gefühl, dass ich ihm vertrauen kann. Seine Körpersprache war in einigen Situationen nicht die beste. Meiner Meinung nach, war er nicht bereit auf das Eis zu gehen“, führt Dave MacQueen weiter aus.
In weiterer Folge wollte die Richterin wissen, ob der Head Coach in die Thematik der Punkteregel eingearbeitet ist. Das verneinte MacQueen. „Meine Aufgabe ist es eine erfolgreiche Mannschaft auf das Eis zu stellen. Ich weiß nicht, wie hoch der Punktewert der einzelnen Spieler ist. Ich weiß, dass Legionäre aus Nordamerika vier Punkte wert sind. Der Rest? In einer Teamorganisation gibt es unterschiedliche Aufgabengebiete (Anm.: Die Richterin legt MacQueen eine Kadermeldung des Dornbirner EC vor). Ich weiß nicht mal ob solche Dokumente vom Team oder von der Liga sind. Es hat mich bisher nicht interessiert weil es nicht mein Aufgabengebiet ist“, erklärt MacQueen.
Damit waren die Zeugenaussagen im “vierten Drittel” abgeschlossen.Die Verhandlung wird im Juni fortgesetzt. Die vorsitzende Richterin hielt fest, dass dies nun ultimativ der letzte Termin in erster Instanz sein wird.

Nach der Verhandlung wollte sich die Erste Bank Eishockey Liga nicht zum laufenden Verfahren äußern. Chris Harand meinte zum vierten Verhandlungstag: „Es gibt null Transparenz, aber nach außen stellt man alles als professionell und super toll dar. Es wird alles unter den Teppich gekehrt. Das muss sich in Zukunft ändern. Ich bin froh das in diesem Verfahren zumindest die Spitze des Eisbergs an die Öffentlichkeit kommt“, erklärte Chris Harand gegenüber Sportreport-Chefredakteur Thomas Muck.

Bericht und Text Thomas Muck Sportreport.biz